Premiere in der Akademie der Künste
Sonntag 13. Mai 2018 (19:30 Uhr)
Nun sind es nur noch wenige Tage bis sich der Kammertanzabend „Vogelsang meets Hoyer“ der breiten Öffentlichkeit in der Akademie der Künste (Hanseatenweg, Studio) am Sonntag 13. Mai 2018 um 19:30 Uhr mit seiner Berlin-Premiere präsentieren wird. Schon in einer Preview im Theatersaal der Staatlichen Ballettschule Berlin (am 15. Februar 2018) konnte sich eine handverlesene Gruppe von Fachleuten und vor allem Interessierten vom Ergebnis von Nils Freyers Doppel-Programm überzeugen, welch starke Kraft und beeindruckende Intensität die zwei Solotanz-Zyklen von Marianne Vogelsang („Fünf Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier von J.S. Bach“ von 1971-73) und Dore Hoyer („Afectos Humanos“ von 1961-62) noch heute vermögen auszustrahlen. Und dass das durch die Verkörperung eines heutigen, modernen (männlichen) Tänzers wie Nils Freyer geschieht, ist umso erstaunlicher und vor allem ungeheuer verdienstvoll. Ohne damit die junge TänzerPersönlichkeit gleich in eine weitere Schublade abzulegen und um ihn ungerechterweise nun allein als Neubeleber von Tanzerbe-Juwelen einzuordnen, wie wir es ja immer wieder gerne tun wollen und uns allen schnell von der Hand geht. Erstaunlich auch, aber vollkommen überzeugend, dass sich hier ein männlicher Tänzer dem Wagnis aussetzt diese zwei sehr persönlich geprägten, „weiblichen“ (vielleicht besser androgynen – allseits menschlichen), anspruchsvollen, aber „historischen“ Tanz-Zyklen heute auf die Bühne zu bringen und sich der Öffentlichkeit, wie auch (sicherlich aufkeimender) Kritik und einer evtl. anfänglichen Skepsis auszusetzen. Aber Furcht war sicherlich Nils Freyer nie ein zu kraftvoller Hemmschuh, ja ich glaube im Gegenteil: unverdrossen setzt er seine Linie und seinen Kopf durch und macht sein Ding, so wie er es vertreten kann und wie er es machen will. „Bravo! Weiter so!“ kann man da nur lautstark ausrufen. Der oftmals einschränkenden Schublade „klassisch-akademisch ausgebildeter Tänzer“ wusste er schon während seiner Ausbildung eine Gegenwehr zu setzen und verfolgte seinen ganz eigenen (wahrscheinlich eigenwilligen!) Weg. (Das schafft nicht jeder und das hält, durch die einen umgebende Skepsis und Vielfalt an Meinungen, auch nicht jeder so erfolgreich stand wie er es lernen musste …).
Manchmal sind es doch Zufälle, oder Geistesblitze (?) die dazu führen, dass sich zwei anfangs unvereinbare Dinge zusammenfinden. Aber dass es sich ergeben hat, dass der freie Tänzer Nils Freyer vor wenigen Jahren dazu kam in der Zusammenarbeit mit dem leider viel zu früh verstorbenen Tänzer/Choreographen Manfred Schnelle aus Dresden Marianne Vogelsangs „Bach Präludien“ in einer Rekonstruktion/Wiedereinstudierung kraftvoll durch den Tanzfonds Erbe (ideel und vor allem finanziell) wieder zu beleben, ist das erste Kapitel der Erfolgsgeschichte (hoffentlich!) um diesen Kammertanzabend „Vogelsang meets Hoyer“. Und wer den Abend schon zu seinen Previews (im Theatersaal der Staatlichen Ballettschule) sehen konnte, der weiß, dass da etwas ganz Einzigartiges durch die unterschiedlichsten Kraftanstrengungen und Anstöße möglich gemacht wurde. Möglich gemacht aus einem Verbund, einer Vielfalt von Mitstreitern, Förderern und Mentoren – in tatkräftiger, wie auch geistig unterstützenden Art und Weise – an erster Stelle vor allem durch Prof. Dr. Ralf Stabel und Dr. Volkmar Draeger, die man beide sicherlich als gute Geister, sowie starke und kontinuierliche Antriebsfedern und Spiritus Rex-e benennen darf.
Die Kostbarkeit, aber auch die Feinheit und Zerbrechlichkeit der zwei rekonstruierten Solotanz-Zyklen steckt nicht nur im Gestes der Choreographien und deren ausdrucksstarken Details, sondern vor allem im verantwortungsvollen Bewusstsein, hier etwas wiederzubeleben, was wichtig (!) und nötig (!) ist einerseits zu erhalten, aber vor allem auch einem aktuellen (heutigen) Publikum (vor allem aber auch der nächsten Generation-en) wieder erfahrbar und erlebbar zu machen.
Dore Hoyers „Afectos Humanos“, die vor wenigen Jahrzenhnten noch durch zwei große Persönlichkeiten der deutschen Tanzszene, Susanne Lincke und Arila Siegert (damals noch auf den gegenseitigen Seiten Deutschlands) schon einmal in jeweils ganz eigenen Rekonstruktionen/Wiederaufführungen wiederbelebt und wach gerufen wurden, scheint in seiner Plastizität und Direktheit, den filigranen, ja fast zarten, aber auf keinen Fall schwächeren „Fünf Präludien …“ von Marianne Vogelsang ein sehr guter und bereichender Gegensatz, aber auch eine Programm-„Ergänzung“ zu sein. Dr. Ralf Stabel spricht gar von einem „Gipfeltreffen der Tanzmoderne“. Denn die Suche nach einem zweiten Teil zu einem abendfüllenden Programm aufgestockt, war sicherlich nicht einfach zu bewerkstelligen und erforderte eine gute Fachberatung, die Nils Freyer in Prof. Dr. Ralf Stabel eindeutig wohlmeinend und verantwortungsbewusst zur Seite stand und weiterhin steht.
Wir können uns alle auf einen Abend freuen, der seines gleichen suchen kann (und darf). Der sich auf alle Fälle lohnt und ein absolutes Muss für jeden Tanzbegeisterten sein sollte. Ein Muss, sich der eigenen (Tanz-)Tradition herausfordernd zu stellen, aber auch der Tradition einen bewussten Raum in unserer aller Öffentlichkeit und einem Selbstbewusstsein zu schaffen, denn es handelt sich um einen (reichen und vielseitigen) Schatz, der zwar allein nur in seiner momentanen Aus(/f)führung lebendig ist (und sein kann), aber einen jeden sicherlich nicht mehr so schnell los lassen wird, wenn man sich ihm einmal gestellt hat und vor allem durch Nils Freyer und seinen erstklassigen musikalischen Kolloborateuren, Ulrike Buschendorf (Klavier) und Marco Phillip (Percussion) lebendig (und live!) erfahrbar gemacht wurde (und in wenigen Tagen wieder wird).
Markus Thiée [TanzInfo-Berlin.de]
Termine:
„Vogelsang meets Hoyer“ – ein Tanzfonds Erbe Projekt
13.5.2018, 19:30 Uhr – Berliner Premiere in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10
27.6.2018, 19:30 Uhr – Dresdner Premiere im Staatsschauspiel Dresden, Kleines Haus,Glacisstr. 28