PREMIERE des Staatsballetts –
in der Komischen Oper Berlin –
am 24.Mai 2018
„Drei zeitgenössische Sichtweisen werden an diesem Ballettabend gezeigt: Gentian Doda ist inspiriert von der albanischen Kultur, welche asymmetrische und komplexe Formen der reinen Schönheit vorzieht. Basierend auf einer Komposition von Arnold Schönberg, zeigt der Körpervirtuose Marco Goecke mit „Pierrot Lunaire“ an diesem Abend seinen unverwechselbaren Stil. Nacho Duato vervollständigt den Abend, um dem Publikum mit einer Berliner Erstaufführung des Meisterwerks „Por vos muero“ eine weitere Facette seines künstlerischen Schaffens zu eröffnen.“
[Staatsballett Berlin]
WAS BLEIBT
Tanzstück von Gentian Doda
Musik von Joaquín Segade
Choreografie: Gentian Doda
Bühne: Yoko Seyama
Kostüme: Angelo Alberto
Licht: Nicolás Fischtel
Dramaturgie: Sergio Correa
Künstlerische Mitarbeit: Susana Riazuelo | Dimo Kirilov
PIERROT LUNAIRE
Choreografie von Marco Goecke
Musik von Arnold Schönberg
Choreografie, Bühne und Kostüme: Marco Goecke
Licht: Udo Haberland
Dramaturgie: Nadja Kadel
Einstudierung: Nicole Kohlmann
POR VOS MUERO
Ballett von Nacho Duato
Musik des spanischen 15. und 16. Jahrhunderts
Texte von Garcilaso de la Vega.
Choreografie und Bühne: Nacho Duato
Kostüme: Nacho Duato (in Zusammenarbeit mit Ismael Aznar)
Licht: Nicolás Fischtel
Diese Premiere eines zeitgenössischen Ballettabends ist die letzte Neuproduktion von Nacho Duato am Staatsballett Berlin. Duato hat sich während dieser Zeit nicht besonders hervorgetan mit dem Angebot an neuen Arbeiten. Man kann dazu jedoch auch sagen, dass diese Choreografien, die er zur Aufführung gebracht hat, interessant, eindrucksvoll und mitreißend waren, auch wenn sie vorher schon in anderen Häusern zu sehen waren. Der erste Teil des Abends zeigt ein ‘Work in Progress’ einer Ballettproduktion in der das Ensemble des Staatsballetts aktiv mitwirkt und zum Schluss die erarbeitete Choreografie zeigt, das „was“ von der Entwicklungsarbeit als Endergebnis „bleibt“ und präsentiert wird. Thematisch geht es um die Bewegungen und die Entwicklungen in einer Gruppe von Menschen und um die Möglichkeit und die Folgen einer erstrebten Individualität. Der Ausbruch führt immer wieder zur Gruppe zurück, denn Individualität heißt im Ergebnis auch nicht gewollte Einsamkeit.
Das Bühnenbild zeigt einen lichtlosen Raum, in dem erleuchtete Bündel von Seilen den Boden mit dem Himmel verbinden. Mit diesen und innerhalb dieser bewegen sich Gruppen von Tänzer*innen. Die Bewegung mäandert zwischen Bewegungslosigkeit und hektischen Wechseln begleitet von tosender Stille. Anfangs werden die einzelnen Sequenzen unterbrochen vom Senken und Heben des Vorhangs zwischen den einzelnen Bildern. Das Stück ist das längste der drei Choreografien und läuft über fast eine volle Stunde. Der Beifall zum Schluss ist etwas ambivalent, es konnte sich wohl nicht jeder im Publikum dafür begeistern.
Die folgende Choreografie von Marko Goecke fand dann doch schon mehr Zustimmung. Die Geschichte von „Pierrot Lunaire“ sprühte von Leben und tänzerischer Brillanz. Die Tänzer*innen zeigten eine fantastische Fuß- und Beinarbeit, was zu überraschenden Effekten und atemberaubender Dynamik im Bühnenraum führte. Harlekinartige Bewegungen, schnelle Gruppenwechsel und spritzige Schrittfolgen begeisterten. Der Applaus zum Ende war entsprechend begeistert.
Die dritte Choreografie von Nacho Duato zeigte das für ihn typische Ambiente. Spanische Folklore des 15. und 16. Jahrhundert der Zeit des spanischen„Siglo de Oro“. Die Kostüme und das Bühnenbild erinnerten auch ein wenig an die letzte Premiere von „Romeo & Julia“ von Nacho Duato. Die Musik ertönte mit einer gefälligen Gitarrenmelodie unterlegt von einer Frauenstimme, die Passagen aus der spanischen Literatur zitierte. Nacho Duato schafft damit ein Bild der spanischen Renaissance, die sich durch arabische Einflüsse wesentlich von der Renaissanceentwicklung im Norden Europas unterschied. Diese Stück wurde ganz besonders begeistert gefeiert. Der Beifall wollte kein Ende nehmen. Das war natürlich nicht nur für Duatos Choreografie, sondern auch als Dank für die Zeit seiner Intendanz, die nun (leider) zu Ende geht. Es gab Applaus, Bravorufe und mehrere Vorhänge und Blumensträuße, auch aus dem Publikum, wie lange nicht mehr.
Wie werden sehen, wie das nächste „Intendantenpaar“ in der kommenden Spielzeit den Publikumsgeschmack mit ihren Arbeiten trifft.
Peter Dahms [TanzInfo-Berlin.de]
Alle Fotos © Fernando Marcos