Besuch am 6. September 2019 in der Komischen Oper Berlin
Choreographie: Jefta van Dinther –
Sounddesign: David Kiers –
Bühne: SIMKA –
Licht: Minna Tiikkainen –
Einstudierung: Thomas Zamolo –
Choreographische Assistenz: Thiago Granato –
Besetzung:
Jenna Fakhoury – Yi Chi Lee – Vladislav Marinov – Ross Martinson – Johnny McMillian Dana Pajarillaga – Tara Samaya – Harumi Terayama – Paul Vickers – Lucio Vidal
„In Jefta van Dinthers Plateau Effect gleichen die Tänzerinnen und Tänzer einer Gemeinschaft, die in fortwährendem und rastlosem Wandel wechselnde Terrains in stetiger Bewegung durchwandert. Tätigkeiten wie Kommunizieren, Transportieren, Konstruieren und Bewohnen werden zu Choreographie, wenn sie als gemeinsames Handeln dargestellt werden; keine dieser Aktionen ist einer einzigen Person allein möglich.[…]“
[Staatsballett Berlin]
Besuchsbericht:
Diese erste Premiere der Saison 2019/2020 steht unter dem Zeichen der Doppelintendanz von Sasha Waltz und Johannes Öhmann. Sie zeigt damit auch die Umsetzung der Vision für die Zukunft des Staatsballetts Berlin, dem klassischen Ballett und dem Zeitgenössischen Tanz ein neues gemeinsames zuhause in Berlin zu geben.
Das Tanzstück, wie der Choreograf es nennt, ist nicht neu für Berlin, die erste Aufführung fand zum „Festival Tanz im August 2014“ in der Volksbühne statt. Getanzt wurde es von Tänzern des Cullberg Ballett aus Stockholm. Da zeigen sich auch die künstlerischen Verbindungen zwischen Johannes Öhmann und Jefta von Dinther. Vom Ansatz und dem Inhalt hat sich nicht viel geändert, anstatt neun Tänzer vom Cullberg Balett sind es nun zehn vom Staatsballett Berlin.
Das Tanzstück beginnt auf einer leeren Bühne, der völlig dominiert und ausgefüllt wird von einem grau/weißen Vorhang. Davor stehen in der Breite verteilt acht Tänzer, die sich aus der Ruhe immer heftiger bewegen und von einem treibenden, bedrückenden Sound begleitet und angetrieben werden. Im Fortgang des Stückes wird der Vorhang immer mehr zum Objekt der Erzählung. Anfangs als eine Art Nebelwand erscheinend wird er von den nun zehn Tänzern immer mehr zum Hauptobjekt. Er wird verformt, es wird daran gezerrt und er wird aufgerollt, entfaltet und dann zum Segel eines obskuren Schiffes.
Der Choreograf will das Thema der Verstrickungen und der Einsamkeit des modernen Menschen thematisieren. Er zeigt den Einzelnen in seiner Eingebundenheit und Fesselung in der realen Welt und der Unfähigkeit gegen Zwänge anzutreten und andererseits, wie diese Bedrohungen durch die Gemeinschaft mit seinen Mitmenschen ertragen oder auch beherrscht und kontrolliert werden können. Der Einzelne gilt nichts, die Gemeinschaft schafft Sicherheit und Kraft.
Vom Publikum wurde diese „Premiere des neuen Balletttheaters“ gemischt aufgenommen, grenzenlos begeistert vom „Tanz“publikum und überrascht und nachdenklich vom „Ballett“publikum. Es scheint da auch den Unterschied in den Generationen zu geben. Vielleicht löst sich das auf in den kommenden Aufführungen und Premieren. Diese Premiere war auf jeden Fall ein interessanter Auftakt zur Saison.
Peter Dahms [TanzInfo-Berlin.de]
Alle Fotos © Jubal_Battisti