von Giuseppe Verdi –
Melodramma in drei Akten [1853] –
Libretto von Francesco Maria Piave –
Besuch der Premiere: am 1. Dez 2019 in der Komischen Oper Berlin
Musikalische Leitung Ainars Rubiais –
Inszenierung Nicola Raab –
Bühnenbild Madeleine Boyd –
Kostüme Annemarie Woods-
Mit:
Violetta Valéry Natalya Pavlova –
Flora Bervoix Maria Fiselier –
Annina Marta Mika –
Alfredo Germont Ivan Magrì –
Giorgio Germont Günter Papendell-
„Flucht in die Innenwelt! Giuseppe Verdis bekanntestes Werk über Leben, Lieben, Leiden und Tod einer Edelkurtisane im Paris des 19. Jahrhunderts wird von Regisseurin Nicola Raab dekonstruktiv neuinterpretiert. Violetta Valéry verkörpert die Sehnsucht im Zwiespalt – zerrissen zwischen Todesangst und dem Kampf um Autonomie, zwischen Gegenwart und abgründiger Fantasiewelt. “
[Komische Oper Berlin]
Besuchsbericht:
Nanu, denke ich, als ich beim Betreten des Zuschauerraumes auf meinen gebuchten Platz zusteure und auf die offene Bühne der Komischen Oper sehe. Eigentlich hatte ich doch ein Bühnenbild erwartet, dass ich von den verschiedenen La Traviata-Aufführungen schon verinnerlicht hatte. Was ich hier sehe, ist ein fast leeren Raum mit einem Schachbretthintergrund der aus einer Wand mit matten Scheiben und einer Tür in der Mitte besteht. Was aber nun gar nicht mit meiner Erinnerung harmoniert, ist ein Computerschirm auf einem Tisch auf der rechten Seite der Bühne mit einem Bürostuhl davor. Wenn ich dann noch schnell das Programmheft überfliege erschließt sich mir der Zusammenhang. Ich werde eine moderne Fassung der „Traviata“ sehen. Das passt natürlich. Violetta Valéry ist keine Edelprostituierte aus dem Paris der „Belle Epoque“ sondern eine moderne „Sexarbeiterin“, die ihre Kunden und ihre Leistungen in einem „Warenwirtschaftssystem“ auf ihrem Computer bearbeitet.
Als dann die ersten Töne erklingen, nachdem sich die Bühne mit einem „Loriot-Sofa“ geschmückt hat, erkenne ich meinen Verdi wieder und bin wieder begeistert. Die Geschichte ist wohl weitgehend bekannt, es geht um die Sehnsucht einer Frau in einem anrüchigen Milieu, die sich nach wahrer Liebe sehnt und einem jungen Mann, der sich unsterblich in die Frau verliebt. Ein Happyend ist nicht möglich, da Violetta Valéry in absehbarer Zeit an einer tödlichen Krankheit sterben wird, sie weiß das und versucht es zu überspielen. Der Liebhaber aus gutem Hause findet keinerlei Verständnis bei seinem Vater, der sich um Reputation seiner Tochter und seiner Familie Sorgen macht. Er ist strikt dagegen. Im Laufe der Entwicklung entwickelt er jedoch eine gewisse Zuneigung und Verständnis für seinen Sohn und dessen Liebe. Aber es ist zu spät und Violetta erliegt ihrer Krankheit.
Verdis Musik ist von tief beeindruckender Virtuosität und hat seinem Werk eine große Anhängerschaft verschafft. Seine „La Traviata“ ist bis heute immer noch in den Spielplänen der großen Opernhäuser weltweit.
Nach dem Konzept der Regie von Nicola Raab ist Violetta Valéry eine moderne Frau aus unserer Zeit und sie träumt doch von einer früheren Zeit, in der nach dem Libretto von Francesco Maria Piave die Geschichte sich abspielt. Das hat zur Folge, dass neben den historischen Kostümen auch Darsteller in moderne Bekleidung und Mode sich auf der Bühne befinden. Aber einige Ideen wirken dann doch allzu sehr aufgesetzt, wenn anscheinend unmotiviert Büroarbeitsplätze mit modernen Computern auf der Bühne stehen und ein Teil der Darsteller sich exzessiv mit Smartphones beschäftigen anstatt sich der allgemeinen Unterhaltung zuzuwenden, auch wenn das ganze sich nur in den Träumen der Valéry stattfindet und zu einer Einheit verbunden sein soll. Es verwirrt doch irgendwie und wirkt nicht schlüssig.
Zum Ende der Vorstellung zeigt das Publikum seine Begeisterung für die Darsteller der Hauptrollen, Natalya Pavlova als Violetta Valéry und Ivan Magrì als Alfredo Germont und mit besonders stürmischen Applaus wird Günter Papendell als der Vater von Alfredo Giorgio Germont gefeiert. Auch das Orchester der Komischen Oper unter Ain?rs Rubi?is bekommt den verdienten Applaus so wie das Team der Inszenierung und der Chor der Komischen Oper unter der Leitung von David Cavelius.
Im Großen und Ganzen eine Produktion, die Neues versucht und erfolgreich vorgestellt hat, wenn auch noch einige Fragen offen bleiben.
Peter Dahms [OpernInfo-Berlin.de]
Weitere Vorstellungen
So 1./ Sa 7. / Fr 13. / Di 17. / Fr 20. / Mo 23. / Mi 25. / Sa 28.
Jan 2020 Fr 10. / Fr 17. /
Feb 2020 / Sa 1. / Mi 12. / Sa 22.
Jul 2020 / Mi 1. / Sa 4.
Weitere Informationen:
Alle Fotos © iko freese_drama_berlin-de