Kathrin Dreckmann, Maren Butte, Elfi Vomberg (Hg.)
Neu im September 2020 im transcript-verlag
ISBN 978-3-8376-5379-3 / E-Book: PDF: ISBN 978-3-8394-5379-7
Kathrin Dreckmann (Dr. phil.) ist Studienrätin im Hochschuldienst am Institut für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Acoustic Studies, Gender und Media Studies.
Maren Butte (Dr. phil.) ist Juniorprofessorin für Theaterwissenschaft am Institut für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie forscht an der Schnittstelle von Performance und Medien.
Elfi Vomberg (Dr. phil.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medien und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Acoustic und Memory Studies.
Über den Band [transcript-verlag]
„Der vorliegende Band versammelt eine Auswahl der Beiträge, die vom 9. bis zum 11. November 2018 im Rahmen des 14. Kongresses der deutschen Gesellschaft für Theaterwissenschaft präsentiert und diskutiert wurden. Der Kongress wurde durch das Institut für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf in verschiedenen Kulturinstituten der Stadt Düsseldorf veranstaltet. Die vorliegenden Beiträge befassen sich damit, wie sich die Konzepte von Theater, Technik, Wissen und Subjektivität im Zeichen einer technologischen Bedingung verändern und wie sich die Beschreibungen der jeweiligen ‚Theatralitätsgefüge‘ wandeln.“(13)
„Die Beiträge erarbeiten in thematischen Einzelstudien die technischen Bedingungen des Theaters im Wandel der Zeit: von der Barockbühne bis zum digitalen Game-Theater, der Virtual Reality, Künstlichen Intelligenz, Robotern und anderen digitalen Experimenten der Gegenwartskunst bis zu Pop-Praktiken und Alltagstechniken.
Es werden so einerseits die basalen und historisch gewachsenen „Körpertechniken“ des Theaters – Schauspiel, Gesang und Tanz – in den Blick gerückt; andererseits aber auch die (medien-)technischen Voraussetzungen des Theaters selbst.[…]“ (18)
„Zudem gibt es zahlreiche Einzelforschungen, bspw. zu Brechts Verfremdungstechnik, Erwin Piscators „Totaltheater“, zu Dada, Bauhaus-Ästhetik oder Adolphe Appias Bühnenreform, zu Performance-Installationen der 1960er Jahre, zu den Cyborg-Performances von Stelarc und den ikonischen Techno-Ästhetiken von Troika Ranch oder Dumb Type. Auf diese Forschungen greifen die Beiträge und das Konzept des Bandes zurück und spannen einen weiten historischen und thematischen Bogen. Eine theoretisch-konzeptuelle Neurahmung bildet dabei der Vorschlag, die von den Beiträgen auf je eigene Weise aufgenommen, diskutiert und bearbeitet werden, das ‚Theater als Gefüge‘ verschiedenster Akteure, Dinge, Techniken und Praktiken zu sehen.“ (29, 21)
„Der Band ist in sechs Teile gegliedert, „
(… hier eine kurze Themenübersicht:)
1.: „… Auf die theoretischen Überlegungen und technikphilosophischen Zugänge zum Theater in Teil 1 Das Theater im Zeichen seiner technologischen Bedingung folgen sechs unterschiedliche Schwerpunktsetzungen […]“ (20)
2.: „… zunächst zu den Techniken des (Re-)Produzierens, Archivierens und Institutionalisierens (Kapitel 2). Diese Sektion widmet sich künstlerisch-technischen Praktiken, Verfahren und Strategien zur Hervorbringung von Aufführungen: etwa dem Planen, Anordnen, Improvisieren, Übertragen, Teilen, Markieren und Proben in Relation zu ihren jeweiligen medientechnologischen Umgebungen. Wann und zu welchem Zweck nehmen Künstler*innen technische Innovationen und Möglichkeiten auf (Film, Video, digitale Formate)? Wann gibt es eine bewusste Distanzsetzung zugunsten einer ‚medial-unverfälschten‘ Präsenz des agierenden Körpers? In welchem Verhältnis stehen Ritual, das Live-Ereignis und die „technische Reproduzierbarkeit“ zu Praktiken des Reenactments, Reperformings und Rekonstruierens von Aufführungen? Die Frage der (Re-) Produktion ermöglicht auch, die jeweiligen ökonomischen Bedingungen des Hervorbringens zu thematisieren.“
3.: „… Einen eigenen Teil zu den Techniken des Körpers bildet Kapitel 3 zu Aspekten des Schauspiels, Tanzes und Gesangs als Körpertechniken und fragt, welche Kultur- und Disziplinierungstechniken des Theaters, welche Trainings, Entwurfspraktiken und Objekte die jeweilige ‚Form‘ des Sprechens, Spielens, Darstellens, Tanzens, Singens, Schreibens, Lesens und Vermittelns ausbildet. Wie bestimmt das technologische und diskursive Apriori des Akts seine jeweilige Aktualisierung, Materialisierung und Wahrnehmung mit? Was bedeutet es, über performative und soziale Konstruktion von Körpern, Identitäten und Subjekten in sich wiederholenden Akten inklusive ihrer technologischen Vermittlungen und Umwelt nachzudenken?42 Einige Beiträge des Bandes führen diesen Gedanken in Richtung technofeministischer Perspektiven fort und betrachten die Dimensionen von Körper, Gender und Geschlecht im Zeichen ihrer technologischen Bedingung.“
4.: „… In Kapitel 4 Techniken des Raums. Prozesse der Verortung werden theatrale Raumprozesse im Zeichen ihrer technologischen Bedingung diskutiert. In welchem Verhältnis stehen jeweils Subjekte, Umwelten und Formen? Die Sektion bietet Raum für Recherchen zu historischen und aktuellen Perspektiven auf konkrete Raumfigurationen im Verhältnis zu ihren Umgebungen, ihren kulturellen, politischen und sozialen Kontexten: szenographische und Maschineneffekte, modulare und Montageelemente sowie kybernetische, postdramatische, intermediale und -aktive Settings. Wie verändern sich jene ‚visual cultures‘ der Zuschauer*innen und die Techniken der Betrachter*innen? Hier werden Fragen danach gestellt, welche anderen Sinne und Wahrnehmungen auf welche Weise organisiert werden und in welchem Verhältnis die jeweiligen Techniken, Perspektiven und Dispositive stehen.“
5.: „… Einen wichtige Teil bildet auch das Kapitel 5 zu Performing Technology. Theater und Digitalisierung. Hier rücken die digitalen Praktiken des zeitgenössischen Theaters in den Blick und somit Themen wie Game-Theater, Virtual Reality, Künstliche Intelligenz, Roboter auf der Bühne, Produktionssoftwares, Immersionseffekte, Algorithmen und Filter sowie interaktive Settings und Sensoren der Verbindung von Körper und Systemen.“
6.: „… Der finale Teil Kapitel 6 Techniken der Entgrenzung. Zwischen den Künsten denkt noch einmal trans- und interdisziplinär über das Verhältnis zwischen den Künsten nach und stellt auf unterschiedliche Weise Fragen zu Steuerungsmetaphern und Unbestimmtheitsspielräumen der technischen Gefüge. Es geht hier auch um die – aus einer Perspektive der Techniken und Hervorbringungsweisen gedachten – Verwicklungen von Alltag und Kunst, die die Grenzen von U- und E-Kunst sowie zwischen Kunst und Handwerk (etwa im Design) unterlaufen. Die audiovisuellen Figurationen des Pop beispielsweise betonen die technischen, maschinellen, digitalisierten und reproduktiven Verfahrensweisen (Sampling, Zitation, Montage, Mixing usw.) und stellen in ihren spielerischen Bezugnahmen neue Verbindungen zwischen Subjekten, Techniken und Umwelten her.“
REZENSION:
Der Band beschreibt in insgesamt 36 Einzeldarstellungen in unterschiedlicher Tiefe, Darstellung und Inhalt die künstlerischen Herangehensweisen bei der Entwicklung von Projekten aus den Bereichen des Performativen, zu denen hier Tanz, Schauspiel, Oper und verwandte Umsetzungen von Literatur gezählt werden. Darin wird in der Breite und in der Tiefe über die Beschäftigung mit künstlerischen Vorhaben aus unterschiedlichen Zeiträumen berichtet. Der Grundgedanke hierbei ist die Beschreibung von aktuellen und historischen Arbeiten, wie erfolgt die Herausarbeitung der verwendeten Technologien bei der Durchführung dieser Projekte ?. Unter Technologie wird in dieser Textsammlung all das verstanden, was als Unterstützung für die Ausarbeitung der Projekte eingesetzt werden kann. Hierzu gehören nicht nur Verfahren, die als Technik im engeren Sinne verstanden werden, sondern auch Fertigkeiten und Verfahren, die vom Performer*innen aus seiner/ihrer persönlichen künstlerischen Erfahrung und den allgemeinen menschlichen, körperlichen Möglichkeiten gezogen werden können.
„In den Blick rücken also die Dinge des Theaters, seine Maschinen und Apparate in ihrer spezifischen Verbindung mit den theaterspezifischen Körper- und Kulturtechniken des Spielens, Übens, Trainierens, Entwerfens, Planens, Improvisierens, Komponierens, Anordnens, Aufzeichnens, Notierens, Dokumentierens usw., sowie dramaturgische und szenographische Praktiken. […]“(13)
Das ist ein „weites Feld“, das hierbei in „dichter Beschreibung“ geboten wird und zum Lesen anregt. Da ist kein Beitrag, der nicht mit großem Interesse aufgenommen wird und zum Nachdenken oder Nachforschen anregt. Ein spannendes Lesebuch über alle der knapp 500 Seiten des Inhalts.
Peter Dahms [www.dahms-projekt.de/wordpress/]