„CARAVAGGIO“ vom Staatsballett Berlin

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Im Stream ab 18:00 Uhr für 24 Stunden unter https://www.staatsballett-berlin.de/de/spielplan/caravaggio

CARAVAGGIO
Tanzstück von Mauro Bigonzetti
Musik von Bruno Moretti nach Claudio Monteverdi

Bühne und Licht: Carlo Cerri
Kostüme: Kristopher Millar

Musikalische Leitung
Paul Connelly

Vladimir Malakhov, Polina Semionova, Beatrice Knop, Mikhail Kaniskin, Elisa Carrillo Cabrera, Dmitry Semionov, Shoko Nakamura, Michael Banzhaf, Leonard Jakovina

Solisten und Corps de ballet des Staatsballetts Berlin
Staatskapelle Berlin

Aufzeichnung vom  Dezember 2008

am 1. April 2021 / 7. | 25. Mai 2021 / 11. Juni 2021


Mein Besuchsbericht von der Uraufführung:

Das Publikum reagierte für die Dauer der ersten Szenen mit einer selten erlebten Zurückhaltung. Das hatte man von Vladimir Malakhov noch nicht gesehen, Ausdruckstanz, wo das Publikum doch zum Staatsballett geht um ein klassisches Handlungsballett mit allen seinen Darstellungsformen zu sehen. Und nun das, man gab sich irritiert und auch etwas überrumpelt, wo auch das Vorankündigungsbild in der Presse etwas anderes zu versprechen schien. Erst als Shoko Nakamura mit Michael Banzhaf ein sehr schönes Pas de Deux tanzte gab es den ersten Beifall. Choreograf Mauro Bigonzetti setzt viel Dynamik in die Armbewegungen und weitere ungewöhnliche Bewegungsabläufe ein. Das verlangt von den Tänzerinnen und Tänzern höchste Präzision und Perfektion.
Die Musik war gut gewählt, Barockmusik von Bruno Moretti nach Claudio Monteverdi. Dafür erhielt Paul Conelly und sein Orchester besonders herzlichen Applaus.

Beatrice Knop, Leonard Jakovina in Caravaggio, Choreographie: Mauro Bigonzetti, Staatsballett Berlin, Premiere 07.12.2008 – (c) Enrico Nawrath

Die Idee der Choreografie ist die Darstellung des Lebens und typischen Werken des künstlerischen Schaffens von Caravaggio, dem Maler des Frühbarocks in einzelnen Episoden. Die Lichtgestaltung und -regie trifft in höchsten Maße die Stimmung, die seine Bilder beherrscht. Die Kostümauswahl trifft die Zeit und die Situation, die er in seinen Gemälden darstellt.
Das Stück beginnt mit einer Ouvertüre nach Monteverdi, nach dem Öffnen des Vorhangs folgt ein Prolog in zwei Einzelszenen. Der erste Akt besteht aus 9 Bildern nach Gemälden und Lebensstationen von Caravaggio und endet mit einem ersten Finale. Der zweite Akt zeigt nach einer Einführung Bilder und Szenen nach dem Triptychon des heiligen Mätthäus in drei Bildern und dem Finale.
Vladimir Malakhov in der Rolle des Caravaggio. Diese Uraufführung wurde eigens für ihn kreiert. Für Vladimir Malakhov war es eine weitere Begegnung mit dem zeitgenössischen, Modernen Tanz (u.a. nach seiner Arbeit mit Sasha Waltz). Er musste neue Bewegungen einstudieren und sich körperlich wie emotional auf die Gestaltung der Rolle einlassen. Es werden völlig andere Muskeln gefordert und strapaziert, wie er es selbst in einem Interview sagte. Das war sicherlich sehr schwierig, da er mit seiner hohen Tanzkunst nach wie vor hauptsächlich das klassische Repertoire bedient. Tänzerisch hat er die mit dem Choreografen erarbeiteten Szenen sicher und gekonnt umgesetzt, doch schauspielerisch hätte diese Rolle mehr hergegeben. Caravaggio war eine zerrissene Persönlichkeit, hier hätte man sich als Zuschauer vom Darsteller Malakhov mehr Ausdruckskraft gewünscht.
Die oben angeführeten Tänzerinnen und Tänzer des Staatsballetts erfüllten die an sie gestellten Anforderungen dieser Choreografie in höchstem Maße und setzten die Bewegungen, die einen hohen Schwierikeitsgrad hatten, gekonnt und beeindruckend um. Eine grandiose Leistung. Das Publikum ist sich noch nicht schlüssig, ob man Malakhovs Weg in die Moderne folgen soll und quittierte diesen Aufbruch mit, nicht zu überhörenden Buhrufen, das war neu. Den meisten Applaus bekam das Orchester und Polina Semionova, deren Rolle diesmal sehr kurz ausfiel. Frenetischer Beifall für sie und das ganze Ensemble. Der Choreograf bekam auch einige Mißfallensäußerungen ab. Im ganzen ein gelungener Abend mit einigen Anregungen und Überraschungen, man wird das Stück mögen.

Uraufführung am 7.Dezember 2008
[Peter Dahms – TanzInfo-Berlin.de]

alle Fotos (c) Enrico Nawrath