Neuinszenierung „Die Sache Makropulos“

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… in der Staatsoper Unter den Linden Berlin

Besuch am 22.Februar 2022

OPER IN DREI AKTEN (1926)
Musik und Text von Leoš Janáček nach dem gleichnamigen Schauspiel von Karel Čapek

Musikalische Leitung Simon Rattle
Inszenierung Claus Guth – Bühnenbild Étienne Pluss –Kostüme – Ursula Kudrna – Licht Sebastian Alphons – Choreographie Sommer Ulrickson Dramaturgie – Yvonne Gebauer , Benjamin Wäntig

Emilia Marty Marlis Petersen – Albert Gregor Ludovit Ludha – Vítek Peter Hoare – Krista Natalia Skrycka – Jaroslav Prus Bo Skovhus – Janek Spencer Britten – Dr. Kolenatý  Jan Martiník – Maschinist Žilvinas Miškinis – Putzfrau Adriane Queiroz – Hauk-Šendorf Jan Ježek – Kammerzofe Anna Kissjudit

„Dokumentation eines absurd komplexen Erbschaftsstreits, Kriminalstück, Metaoper mit einer Sängerin, die eine Sängerin spielt, Abhandlung über Sinn und Unsinn menschlicher Unsterblichkeit – all das verbirgt sich hinter »der Sache/dem Fall Makropulos«. Operndiva Emilia Marty mischt durch ihr unerklärliches Detailwissen die Beteiligten eines schon seit hundert Jahren schwelenden Erbschaftsprozesses auf und nutzt die Tatsache, dass ihr alle Männer verfallen sind, rücksichtslos für ihre rätselhaften Absichten aus…. “ [Staatsoper Unter den Linden]

Neuinszenierung: am 13. Februar in der Staatsoper Unter den Linden Berlin
Weitere Vorstellungen: 25.Februar 2022 / 27.Februar 2022

Besuchsbericht:
Was macht man, wenn man eine Lebensspannweite von 300 Jahren hat und diese Tatsache bei seinen Lebens- und Zeitgenossen nicht Neid und Misstrauen erregen darf? Man wechselt nach der Zeit der normalen, der erwarteten Lebenszeit, seine Identität und seine Lebensumgebung. Die Sängerin E. M., wie sie sich nennt und die als Elina Makropulos zum Ende des 16. Jahrhunderts unter Kaiser Rudolf II geboren wurde, wechselt mehrmals ihren Namen, bei dem nur die Initialen gleich sind und ebenfalls auch ihre Lebensumgebung. Ihre lange Lebenszeit resultiert aus einem Elixier ihres Vaters dem Leibarzt von Kaiser Rudolf, dass er ihr als Testperson gegeben hatte und das für seinen Herrn bestimmt war, um ihm Unsterblichkeit zu schenken.

© Monika Rittershaus

Ihre Lebenszeit hat aktuell die maximale Zeit von 300 Jahren erreicht, sie ist jetzt die allseits bewunderte Sängerin Emilia Marty, und sie fühlt, dass ihr Leben sich dem Ende zu neigt. Um an das Rezept des Elixiers zu kommen, um damit ihr Leben wieder neu zu verlängern, greift sie in einen Erbschaftsstreit in einer Anwaltskanzlei ein. Sie verwickelt sich zunehmend in Widersprüche bei ihren Aussagen und muss schlussendlich die Wahrheit über das Elixier und ihr Leben gestehen. Das vergangene Leben und ihre Erfahrungen haben ihr jedoch den Glauben an die Menschheit und die Liebe genommen und ihr die Seele zerstört. Sie verzichtet auf das Rezept für das Elixier und sie verschenkt es. Keiner will jedoch die Unsterblichkeit von ihr haben und so wird das Rezept verbrannt.

© Monika Rittershaus

Die ganze Geschichte des Erbschaftsstreits ist dermaßen komplex und verworren, dass es nicht hilfreich ist, sie im ganzen nachzuerzählen. Der Autor des Stoffes hatte noch behauptet, dass ein langes Leben Weisheit und Glück gebiert, Janacek reduzierte den Erbschaftsstreit jedoch in einen kurzen Dialog und aus der Komödie des Ursprungstextes wurde in der Oper eine Tragödie, indem Janacek nach Mitleid für Emilia Marty für ihr Schicksal sucht. Er schrieb keine Arien, nur die Abschiedsarie der Emilia Marty zum Schluss des 3. Aktes, ansonsten besteht die Oper nur aus Erzählungen, Monologe und Dialoge, die sich in der Partitur in einer Atmosphäre von schrecklichen Leiden, Müdigkeit und Leere entwickeln.

Das Bühnenbild ist spartanisch und versucht, die verschiedenen zeitlichen Erinnerungsebenen der Marty in parallelen Bildern zu veranschaulichen.

© Monika Rittershaus

Die Rolle der Marty ist von besonderer Ausdruckskraft und Emotionalität, dargestellt von Marlies Petersen. Sie bekommt zum Schluss für ihre Darstellung einen exklusiven Sonderapplaus. Die weiteren Rollen sind adäquat besetzt, eindrucksvoll gespielt und gesungen. Das Orchester unter dem Dirigat von Simon Rattle wurde für seine Interpretation von Janaceks Musik ebenfalls begeistert gefeiert.
Peter Dahms [OpernInfo-Berlin.de]

alle Fotos © Monika Rittershaus