Besuch der Premiere am 18.März 2023 in der Deutschen Oper Berlin
Lyrische Komödie in drei Aufzügen
Dichtung von Hugo von Hofmannsthal
In deutscher Sprache
Weitere Vorstellungen:
23. ,26. und 30. März sowie 1.und 6. April 2023
Premierenbesetzung:
Musikalische Leitung: Sir Donald Runnicles – Regie:Tobias Kratzer – Bühne, Kostüme: Rainer Sellmaier; Choreografie: Jeroen Verbruggen
Mit:
Graf Waldner: Albert Pesendorfer, Adelaide: Doris Soffel, Arabella: Sara Jakubiak (Premiere), Gabriela Scherer, (ab 23. März)
u.w.
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Zum Inhalt:
„Auf den ersten Blick ist das Libretto „Arabella’’ von Hofmannsthal eine Verwechslungskomödie, die, wäre sie von Rossini komponiert worden, durchaus eine schmissige Buffo-Oper hätte werden können. Aber durch die Musik von Richard Strauss, der alle Register seiner Orchesterkunst zieht, vom spätromantischen Rauschklang bis zu modernster Disharmonik, entsteht ein subtiles, farbiges Panorama von einer Gesellschaft im Umbruch, deren spätbürgerliche Werte zerfallen. Eigene Identität und zwischenmenschliche Beziehungen müssen ganz neu erprobt werden. Zentral ist – noch mehr als die zwischen Romantik und Rebellion schwankende Titelfigur – Arabellas jüngere Schwester Zdenka. Sie, die von den Eltern aus Mangel an Geld für standesgemäße Mädchenkleider als Mann verkleidet wird, hat umso verzweifelter mit ihrer/seiner Außenseiterrolle zu kämpfen und hinterfragt damit konventionelle Geschlechterbilder ebenso wie ihre/seine Schwester Arabella.“ [Deutsche Oper Berlin]
Besuchsbericht:
Eine aufwändige technische Umgebung empfängt den Premierenbesucher. Im Mittelteil des Zuschauerraumes haben sich mehrere Aufzeichnungsteams positioniert, davor ein größerer Bereich von Sitzplätzen (… wegen des freien Blicks zur Bühne) unbesetzt. Es ist ja Premiere und die muss für die Nachwelt und den Kommerz aufgezeichnet werden.
Aber es wird noch besser, der Vorhang öffnet sich und gibt den Blick auf die Bühne frei. Da ist keine Bühne, sondern zwei. Die werden anfangs im Wechsel bespielt, die eine zeigt die Handlung und die zweite zeigt entweder das Nebenzimmer oder eine Projektion aus dem anderen Teil der Bühne. Die Aufnahmen der Projektion werden von schwarzgekleideten „Kameraleuten“ im Spielbereich aufgenommen.
Aber wir sind ja zum Erleben der Premiere in der Oper. Der ganze Aufwand der Inszenierung lenkt eher vom Geschehen ab, als das man sich auf die Aufführung konzentrieren kann. (… das ist eben für Tobias Kratzer, dem Regisseur typisch, aber ist auch sehr eindrucksvoll)
Die Handlung ist eher eine Operette als eine Oper, die ganze Geschichte hier steht oben im „Inhalt“. Sie zeigt eine typische Geschichte aus der Zeit des frühen 20ten-Jahrhunderts der Zeit der Premiere 1933), im dem die ganze Gesellschaft im Umbruch ist und jeder auf seine Art versucht damit fertig zu werden oder eine gewisse Sicherheit aufzubauen und zu erhalten. Doch das ist sehr zweifelhaft und daraus entstehen auch persönliche Tragödien. Die Zeit wirkt zügellos und die Oper zeigt das in voller Stärke. Die Bilder werden in einer eindrucksvoller Darstellung projiziert, anfangs der Blick in das Milieu des niedergehenden, „besseren Standes“ der um seinen Fortbestand ringt und die Familie als Investitionsobjekt betrachtet und seine Kinder vermarktet. Die beiden Geschwister müssen darunter leiden, Arabella soll eine reiche Partie werden und die zweite Tochter wird deshalb versteckt, gegen ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen. Aber zum Schluss löst sich alles zum Vorteil aller auf und jeder findet seine eigenen Wünsche realisiert.
Die Inszenierung überfällt den Zuschauer mit einer Fülle von Einfällen und Darstellungen, da stürmt z.B. eine „braune“ Truppe in eine Tanzveranstaltung und löst sie gewaltsam auf (… beim Schlussapplaus tragen diese Darsteller keine Armbinden mehr !!), eine Duellszene als Video und eine ausgelassene, hemmungslose Gesellschaft bei einer Ballveranstaltung ….)
Bei diesem Ansturm von grandioser Musik und schauspielerischer und sängerischer Leistung ist es schwer jemanden herauszunehmen. Alle haben hervorragend ihre Rollen ausgefüllt, gesanglich und schauspielerisch. Das war eine herausragende Premiere für Alle, die Mitwirkenden, die Künstler wie das gesamte Opernteam. Eine tolle Premiere an der Deutschen Oper, die Zeit von über 3 Stunden verging wie im Fluge.
[Peter Dahms – www.OpernInfo-Berlin.de / www.dahms-projekt.de/wordpress]
Titelfoto © Thomas Aurin
Weitere Fotos © Thomas Aurin