PREMIERE – Die Frau ohne Schatten

Besuchsberichte OPER Meinungen

Richard Strauss (1864 – 1949)
Oper in drei Akten
Libretto von Hugo von Hofmannsthal
Uraufführung am 10. Oktober 1919 in Wien

Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 26. Januar 2025
ca. 4 Stunden 15 Minuten / Zwei Pausen

Musikalische Leitung Sir Donald Runnicles; Inszenierung Tobias Kratzer Bühne, Kostüme Rainer Sellmaier Licht Olaf Winter Video Janic Bebii Manuel Braun Jonas Dahl Dramaturgie Jörg Königsdorf Kinderchor Christian Lindhorst Chöre Jeremy Bines

Mit: (zur Premiere)
Der Kaiser Clay Hilley Die Kaiserin Daniela Köhler; Die Amme Marina Prudenskaya; Der Geisterbote Patrick Guetti; Ein Hüter der Schwelle des Tempels Hye-Young Moon Erscheinung eines Jünglings Chance Jonas-O’Toole

Chor Chor der Deutschen Oper Berlin
Orchester Orchester der Deutschen Oper Berlin

Zum Inhalt
„Die neue Oper verhalte sich zur ZAUBERFLÖTE so wie der ROSENKAVALIER zum FIGARO, beschrieb Hugo von Hofmannsthal schon 1911 in einem Brief an Richard Strauss seine Idee zu einer weiteren Zusammenarbeit. Tatsächlich erinnert in dem schließlich acht Jahre später uraufgeführten Werk vieles an Mozarts »Große Oper«: Die Begegnung verschiedener sozialer Klassen, die märchenhafte, mit hohem Symbolwert aufgeladene Handlung, aber vor allem das Bewusstsein einer elementaren Zeitenwende, die die bisherige Ordnung in Frage stellt und die Besinnung auf die Grundwerte menschlichen Miteinanders zu einer akuten, dringlichen Frage macht. Und hier wie dort gilt, dass die Erkenntnis nur durch schwere Prüfungen erlangt wird. Dabei spielt der Schatten als Symbol weiblicher Fruchtbarkeit eine zentrale Rolle: Ihn handeln die Kaiserin, die selbst keine Kinder bekommen kann, und ihre Amme der in ihrer Ehe frustrierten Färbersfrau ab. Doch erst, als die Kaiserin erkennt, dass sie ihr Ehe- und Kinderglück nicht auf Kosten Anderer aufbauen will, öffnet sich der Weg für ein gesellschaftliches Miteinander. “

[Deutsche Oper Berlin]

Zur Inszenierung
An der Deutschen Oper Berlin hat Tobias Kratzer die monumentale Märchenoper ans Ende seines Strauss-Zyklus gesetzt: Blickt ARABELLA auf die Schwierigkeiten, eine gleichberechtigte Beziehung überhaupt zu beginnen, zeigt INTERMEZZO das Porträt eines Ehealltags, steht für ihn in DIE FRAU OHNE SCHATTEN die Herausforderung im Vordergrund, nach Jahren des Auseinanderlebens wieder zueinander zu finden. Eine Frage, die hier durch das ethische Problem der Leihmutterschaft weit über die Dimension des bloß Privaten hinauswächst.

[Deutsche Oper Berlin]

Besuchsbericht:

Der Vorhang öffnet sich und so bleibt er auch bis zur ersten und der zweiten Pause und dann bis zum Schluss der Oper. Dadurch zeigt sich ein durchlaufendes Spiel auf einer Drehbühne, die den ganzen Bühnenraum umfasst. Während des Spiels ermöglicht sie einen laufenden Wechsel der Perspektive und des Handlungsraums. Während des Ablaufs auf der Bühne wird dann unsichtbar im Hintergrund die nächste Szene eingerichtet. Das ermöglicht einen bruchlosen Handlungsablauf und führt zu einer sehr lebhaften Inszenierung der Oper. Das nur zur Optik, die Handlung zeigt in ihrem Ablauf keine Pause in ihrer Dramatik, eine Szene geht bruchlos in die nächste über. Die Zeit von über vier Stunden unterbrochen nur von zwei Pausen erzählt in ihrer Dramatik von den Seelenqualen und den Schuldzuweisungen, die sich aus einem unerfüllten Wunsch nach Nachwuchs ergeben können, wenn der gewünschte Erfolg sich nicht einstellt und die Ehe oder Beziehung zum Drama wird. Als Lösung bieten sich mehrere Möglichkeiten an, die anstatt zu helfen jedoch neue Probleme verursachen können. Das Ergebnis eines unerfüllten Kinderwunsches hinterlässt eine sprichwörtlich „Frau ohne Schatten“ d.h. ohne eigenen Nachwuchs. Die seelischen und die gesellschaftlichen Probleme die sich aus dieser Situation ergeben sind das Thema der Oper.

Als Folge einer denkbaren Hilfe wie einer Leihmutter, die das gewünschte Kind austrägt führt oft oder meist bei den Beteiligten zu weiteren oder neuen Problemen. Diese Probleme und die Versuche diese zu lindern oder zu vermeiden, verarbeitet und demonstriert die Oper in ihrer Inszenierung.
Für die Inszenierung ergibt sich daraus eine turbulente Abfolge von Situationen, die diese als Lösung entwickeln sollen. Das ist eine willkommene Grundlage für eine Opernaufführung die diese Situationen aufzeigen kann, das wurde hier auch effektiv gelöst. Die Darsteller arbeiten mit ihrem ganzen Talent und einem hohen körperlichen Einsatz an der Darstellung und den möglichen Lösungen der Probleme. Es gibt dann sogar ein mögliches „Happy-end“. Das war ein unterhaltsamer Abend mit talentierten, einsatzfreudigen Darstellern und einer gut gestimmten Musikumsetzung. Langanhalter Beifall zum Schluss, trotz der Aufführungslänge, das Publikum wurde voll entschädigt.

Fotos (c) FosterShanahanPrudenskayaKoehler

Peter Dahms [OpernInfo-Berlin.de]