Mariama Diagne
Qualitäten der gravitas in Pina Bauschs Orpheus und Eurydike
Neu im Oktober 2019 – Band 53 in der Reihe Tanzscripte des transcript Verlages
Print, 10/2019, 344 Seiten kart., 11 Farbabbildungen, 29 W-Abbildungen
ISBN 978-3-8376-4665-8 –
E-Book (PDF) 9/2019, 344 Seiten 11 Farbabbildungen, 29 SW-Abbildungen
ISBN 978-3-8394-4665-2 –
REZENSION:
Die Autorin hat mit diesem Buch ihre Dissertation vorgelegt, die eine umfangreiche und detailreiche Untersuchung über die Tanzgeschichte seit der Renaissance mit ihren Tanzbüchern und Tanztraktaten darstellt. und sie bis in die Moderne fortführt. Sie thematisiert darin den Willen und die Fähigkeit einer Tänzerin oder eines Tänzers sich gegen den Einfluss und den Widerstand der Schwerkraft auf ihre Bewegung zu widersetzen wenn es bei der Umsetzung von Emotionen und Musik in Körperaktivitäten erforderlich ist. Die gravitas als Begriff für den grundlegenden Einfluss auf die Performance beim klassischen akademischen Tanz und bei den Entwicklungen zum Tanztheater und zur Tanzoper ist hierbei das Leitthema. Am Begriff des Schwebens und der gravitas und dessen Zuordnungen wird die Entwicklung aufgezeigt und mit einer Analyse der wirkenden Kräfte erklärt. Die Tanzwissenschaft zeigt sich hierbei als Kulturwissenschaft, die verschiedene Disziplinen verbindet und sich zunutze macht, um Zusammenhänge zu beschreiben und zu erklären. Sie versteht sich dabei als Tanz- und Bewegungsforschung in ihrer Entstehungsgeschichte und in ihrer praktischen Anwendung.
Die Arbeit ist dafür in zwei Hauptteile organisiert. Nach einer Einleitung, die die grundlegenden Dynamiken und Kräfte beim Tanz aufzeigt, werden die physikalischen Abläufe und die Einflüsse auf diese Bewegungen beschrieben.
Der erste Teil „BLICK ZURÜCK“ befasst sich mit der historischen Entwicklung in der klassischen (Tanz)Literatur zu diesen Fragen, mit ihren Untersuchungen, Erklärungen und Handlungsanweisungen, wie sie in Tanzbüchern und Tanztraktaten niedergeschrieben wurden. Den Autoren die sich seit der Renaissance mit dem Schweben im Gleichgewicht von dynamisch bewegten Massen (Körpern) beschäftigten , beschrieben ihre Erkenntnisse und veröffentlichten sie.
Der zweite Hauptteil „BLICK ZURÜCK NACH VORN“ geht über in die Moderne und führt zur Beschreibung des Modernen Tanzes und der Entwicklung zum Ballett und Tanztheater, mit vertiefender Hinzuziehung von Untersuchungen und neu gewonnenen Erkenntnissen aus der Physik, wie sie durch die Erforschung der Dynamik massebehafteter (schwerer) Körper erklärbar und lehrbar wurden. Die einführenden Kapitel dieses Teiles sind die Basis für eine vertiefende Untersuchung und Erklärung der Gedanken und Erfahrungen, die bei der Entwicklung der Choreographien von Pina Bausch stilbildend waren. Als Beispiel und Basis wird die Choreografie von Orpheus und Eurydike betrachtet und analysiert. Am diesem Beispiel einer Tanzoper werden in den Tanzbildern des Schwebens, der Trauer, der Gewalt, des Frieden und des Sterbens die Bewegungs- und Tanzmuster der beiden Performer gedeutet.
Umfangreiche, vertiefende Erklärungen begleiten den Text und werden im Quellenapparat, in Fußnoten und im Anhang in umfangreichen Exzerpten hinzugefügt und auf den Haupttext bezogen.
Die Arbeit ist trotz oder gerade wegen der strukturellen, inhaltlichen und organisatorischen Anforderungen an eine Forschungsarbeit, in der Gestaltung und im Umfang ein gut lesbares inhaltsergiebiges „Tanz Buch“, dass sich umfassend, engagiert und systematisch mit Tanztheorie und Tanzgeschichte befasst und sich damit für die Umsetzung der daraus gewonnenen Erkenntnisse in die heutige Tanzpraxis und das moderne Tanztheater empfiehlt.
Peter Dahms [TanzInfo-Berlin.de]
Aus der Verlagsankündigung:
Schlagworte
Tanztheater, Pina Bausch, Moderner Tanz, Modernes Ballett, Schwerkraft,
Gravitas, Leichtigkeit, Schwerelosigkeit, Schweben, Tanzgeschichte,
Tanzforschung, Film, Literatur, Physik, Relativitätstheorie, Tanz, Tanzwissenschaft