Toulouse-Lautrecs Plakate, fotografische Porträts und die Darstellung von Bewegung im Bild.
von Svenja Ludwig
Erschienen in der Reihe „Tanzscripte“ Band 51 im Juli 2021 im transcript-verlag
238 Seiten, 20 SW-Abbildungen, 19 Farbabbildungen
ISBN 978-3-8376-5688-6
E-Book (PDF), ISBN 978-3-8394-5688-0
Svenja Ludwig
Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland
Rezension:
Die Autorin hat das OEuvre Toulouse-Lautrecs zum Thema ihrer Dissertation gemacht und damit eine umfangreiche, detaillierte Betrachtung der Beziehung von Fotografie und Lithografie zur Darstellung und Dokumentierung von Tanz und Bewegung im Tanz vorgelegt. Besonders bei der Darstellung des Chahuts (bekannter in der Entwicklung zum Cancan) in der Zeit des 19.Jahrhundert in der Präsentation in den zu dieser Zeit erfolgreich arbeitenden Pariser Café-Concerts durch die damaligen „Stars“ dieses Genres gemacht.
Sie analysiert anhand von Fotografien und Lithografien, sowie den Plakaten für die Orte und die Programme der Tanz- und Vergnügungsveranstaltungen, die Möglichkeiten der unterschiedlichen Techniken zur Darstellung von Bewegung und die gegenseitigen Bezügen und Abhängigkeiten.
Die Arbeit gliedert sich in eine umfangreiche Einleitung, in der die Umgebung und die Zeit der Untersuchung ausführlich, detailliert in ihrem zeitlichen Rahmen dargestellt werden. Der Hauptteil der Untersuchung beinhaltet drei Hauptkapitel, in denen anhand von zwei Stars der Zeit, „La Goulue“ und „Jane Avril“ sowie die „La Troupe de Mlle Églantile“ und ihrer jeweiligen Auftrittslokalitäten ausführlich die überlieferten Fotografien und die danach entwickelten Lithografien und Plakate analysiert werden. Das Kernthema sind die Möglichkeiten der in dieser Zeit vorhandenen und geförderten Möglichkeiten der Darstellung von Pose und Bewegung und ihren gegenseitigen Abhängigkeiten und Gemeinsamkeiten.
Es zeigte sich, dass die Fotografie, im damaligen Stand der Technik, Probleme in der Darstellung der Bewegung hatte, die aber auch als Gestaltungsmittel ausgenutzt wurden. Andererseits, wie die Lithografie in ihrer Technik in der Form des Plakats, ihre eigenen spezifischen Möglichkeiten bot. Dadurch ergaben sich vielfältige Möglichkeiten diese Techniken zu kombinieren.
Die Untersuchungen sind von hoher Detailliertheit durchgeführt und durch ausführliche Literaturnachweise sowie aller besprochenen Fotos und Lithografien im Anhang ergänzt. Diese Tiefe in der Untersuchung führt zu sehr detaillierten Beschreibungen, Vergleichen in beiden Richtungen und damit auch zu notwendigen Wiederholungen, wodurch der Text der Arbeit einen zwar wohl kompletten aber überwältigenden Umfang angenommen hat. Eine notwendige Hilfe ist deshalb die von der Autorin angefügte Zusammenfassung (s.u.) mit einem Ausblick auf weitere Untersuchungsbereiche.
Die vorliegende Arbeit stellt eine umfangreiche und präzise durchgeführte Untersuchung der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede der Techniken der Fotografie und der Lithografie für die Darstellung und Dokumentierung von Tanzvorführungen und Tanztechniken im Entwicklungsstand dieser Techniken im frühen 19.Jahrhunderts dar. Zu diesem Zweck werden überlieferte Berichte, Aufzeichnungen und Beispiele besonders Toulouse-Lautrecs und einiger Zeitgenossen aus den Vorführungen und Produkten dieser Jahre verwendet und mit umfangreichen Literaturnachweisen und bildlichen Arbeitszeugnisse in den Anhang des Buches aufgenommen.
Peter Dahms [Dahms-Projekt.de/wordpress; TanzInfo-Berlin.de]
… aus der Zusammenfassung: „Die vorliegende Arbeit widmete sich den Tanzplakaten Toulouse-Lautrecs, die deutliche Bezüge zur Seherfahrung des Tanzes wie auch zum Bildvokabular der fotografischen Aufnahmen der dargestellten Tänzerinnen aufweisen. Ziel der Untersuchung war es, zu skizzieren, auf welche Weise Lithografie, Fotografie und Tanz in den Plakaten in ein wechselseitiges Verhältnis treten. Dazu wurden drei Plakate aus dem umfassenden OEuvre ausgewählt, zu denen in der Zeit ihrer Entstehung Fotografien der dargestellten Tänzerinnen existieren, die Toulouse-Lautrec als direkte oder indirekte Vorlagen für die Plakate nutzt. Die vergleichende Analyse der lithografischen und fotografischen Bilder ergab, dass es am Ende des 19. Jahrhunderts in der Fotografie wie auch in der Kunst dieselben Hürden in der Suche nach einem geeigneten Darstellungsmodus für Bewegung zu überwinden gilt und dass jeweils zwei Prinzipien erprobt werden: zum einen die Visualisierung von Bewegung über die Betonung des Körpers und die Pose (in den Ballettbildern, den fotografischen Rollenporträts, der seriellen Fotografie Muybridges); zum anderen die Tilgung des Körpers zugunsten der bewegten Erscheinung der Darstellung (in der linearen Gestaltung der Tanzplakate Toulouse-Lautrecs, den fotografischen Momentaufnahmen, den synthetischen und grafischen Bewegungsstudien). Toulouse-Lautrec übernimmt in seinen Plakaten die Motive und die Formsprache aus den Tänzerinfotografien, die er mithilfe der Grundstrukturen und des Charakters des freien Tanzes als Funktionsprinzipien der lithografischen Darstellung bearbeitet, und regt damit zur Reflexion über den dargestellten Tanz wie auch über die Mechanismen der Darstellung ephemerer Bewegung in den assoziierten Bildmedien an.“ [173]
Auch Interessant zum Thema, „Rez-Tanzfotografie“
Rezension zu „Tanzfotografie“ aus dem transcript-verlag: Tanzscripte Band 36
… aus der Verlagsankündigung:
„Die Plakate des französischen Künstlers Henri de Toulouse-Lautrec vermitteln in besonderer Weise die Atmosphäre der Tanzauftritte in den Pariser Vergnügungslokalen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. In die Plakatgestaltung bezieht der Maler und Grafiker die Ästhetik der Tanzstile, die Bildsprache der Lithografie sowie existierende fotografische Tänzerinnenporträts ein. Svenja Ludwig untersucht die wechselseitige Beziehung zwischen Tanz, Lithografie und Fotografie mit Blick auf die Darstellungsmöglichkeiten des ephemeren Tanzes, die kulturelle Praxis der Bilder und den künstlerischen Status von Plakaten und Fotografien und eröffnet damit einen neuen Zugang zum Werk Toulouse-Lautrecs“ [transcript-verlag]
Schlagworte
Tanz, Bewegung, Lithografie, Fotografie, Plakat, Cancan, Toulouse-Lautrec, LaGoulue, Jane Avril, Paris, Fin-de-siècle, Moulin Rouge, Jardin De Paris, Kunst, Bildwissenschaft, Theaterwissenschaft [transcript-verlag]