Premiere „Pique Dame“

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Oper in drei Akten von Pjotr I. Tschaikowskij

 – Besuch der Premiere am 9. März 2024 in der Deutschen Oper Berlin.

Libretto von Modest Tschaikowskij nach Alexander Puschkin

Uraufführung am 19. Dezember 1890 in St. Petersburg

ca. 3 Stunden 15 Minuten / Eine Pause – In russischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Musikalische Leitung Sebastian Weigle; Inszenierung Sam Brown; Bühne, Kostüme Stuart Nunn; ; Lichtdesign Linus Fellbom; Video Martin Eidenberger; Choreografie Ron Howell; Chöre Jeremy Bines; Kinderchor Christian Lindhorst; ; Dramaturgie Konstantin Parnian;

Mit:zur Premiere Hermann, ein Offizier Martin Muehle; Lisa Sondra Radvanovsky; Gräfin Doris Soffel N. N. Graf Tomskij Lucio Gallo: Fürst Jeletzkij Thomas Lehman Dean Murphy; Polina Karis Tucker; Tschekalinskij Chance Jonas-O’Toole; Ssurin Padraic Rowan; Kyle Miller Tschaplitskij Andrew Dickinson; Narumow Michael Bachtadze Artur Garbas Gouvernante Nicole Piccolomini; Mascha Oleksandra Diachenko Arianna Manganello; Zeremonienmeister Jörg Schörner;

Chöre Chor der Deutschen Oper Berlin;  Kinderchor der Deutschen Oper Berlin; Orchester Orchester der Deutschen Oper Berlin; Ballett Opernballett der Deutschen Oper Berlin

Zum Inhalt 

Tschaikowskijs heute nach EUGEN ONEGIN zweitpopulärste Oper begeistert vor allem durch ihre schiere Größe: Gekonnt wechselt in PIQUE DAME die Stimmung von großer, repräsentativer Chor- und Ensembleoper hin zu psychologischen Kammerspielszenen. Dabei trifft der Glanz einer mondänen Elite auf das Elend des vogelfreien Proletariats. Puschkins kurze Novelle wurde für Pjotr und Modest Tschaikowskij zum Ausgangspunkt für ein musikalisch-dramatisches Psychogramm der beiden Hauptfiguren Hermann und Lisa, die in ihrer fatalistischen Hoffnungslosigkeit und ihrem scheiternden Streben nach Freiheit verbunden sind. Der Protagonist Hermann ist als gesellschaftlich Ausgegrenzter nicht nur Identifikationspol der homosexuellen Tschaikowskji-Brüder, seine Tätigkeit als Militäringenieur rückt ihn auch in die Nähe des Vaters der beiden, Ilya Petrowitsch Tschaikowskji. (Deutsche Oper Berlin) Der dem Glücksspiel verfallene Hermann liebt Lisa, die sich nach Selbstbestimmung sehnt, aus reichem Hause stammt und in Obhut ihrer kontrollsüchtigen Großmutter, der Gräfin, wohnt. Der Gräfin selbst wird nicht nur eine aufsehenerregende Vergangenheit in der Pariser High Society nachgesagt, um sie rankt sich auch die ominöse Geschichte eines Kartengeheimnisses, das allen Eingeweihten Spielglück garantieren soll und ihr den Spitznamen „Pique Dame“ eingebracht hat. Als der mittellose Hermann davon erfährt, glaubt er darin den Weg aus seinem Elend gefunden zu haben und die Obsession um das Mysterium der „Drei Karten“ nimmt ihren Lauf. (Deutsche Oper Berlin)

© Marcus LIeberenz

Zur Inszenierung

Erstmals inszeniert der britische Regisseur Sam Brown an der Deutschen Oper Berlin. Basierend auf der durch seinen 2021 tragischerweise verstorbenen Freund und Regiekollegen Sir Graham Vick angelegten Ausstattung fördert Brown die Schattierungen und Ambiguitäten des hochdramatischen Opernstoffs zutage. Sein Konzept stellt Fragen an das Stück, die bewusst offengelassen werden sollen: Liebt Hermann Lisa oder ist sie bloßes Werkzeug für ihn? Ist Lisa ein wehrloses Opfer oder sieht sie in Hermann eine Möglichkeit, aus dem goldenen Käfig auszubrechen? Existiert das mysteriöse Kartengeheimnis wirklich oder ist es nur ein Märchen und Wahn Hermanns? (Deutsche Oper Berlin)

© Marcus LIeberenz

Besuchsbericht:

Das erste Bild der Oper führt direkt in das öffentliche Leben in der Stadt St.Petersburg zur Zarenzeit. Spielende Kinder kopieren das Verhalten und die Gewohnheiten die die Bewohner der Stadt in der Öffentlichkeit zur Schau stellen. Militär und Bürger gleichermassen werden von den Kindern kopiert und in ihrer Erscheinung und ihrem Verhalten in der Öffentlichkeit nachgespielt. Ein farbiges Bild der Stadtgesellschaft mit ihren Menschen aus den verschiedenen Gesellschaftsschichten zu dieser Zeit. Die Inszenierung arbeitet mit aufwändigen Bildern und Situationen, ein buntes Gewimmel von Menschen, Militär und darin Kinder, die diese Welt, wie sie sie sehen nachspielen wollen. Die Handlung der Oper ist geprägt von Situationen und Zusammenhängen, die in kräftigen Szenen in der Inszenierung dargestellt werden. Es fällt in diesem Angebot an Situationen und Bilder, Dialogen und Abläufen schwer der Geschichte zu folgen und den Kern des Ablaufs, dem Schicksal der eingebundenen Menschen nachzufolgen und zu interpretieren. Eine aufwändige Bühnentechnik und eine großartige Orchesterbegleitung führen zu einem überwältigenden Erlebnis für die Zuschauer.
Der Kern der erzählten Geschichte ist ein (Karten)Glücksspiel, in dem es um Alles oder Nichts geht. Entweder man errät oder kennt die Lösung, die ein großes Geheimnis für Aussenstehende bleibt und gewinnt Alles oder man fehlt und verliert Alles, nicht nur seinen Einsatz, am Ende auch sein Leben.
Tschaikowskijs Oper nach Puschkins Erzählung ist eine fesselnde, anspruchsvolle Oper, beeindruckend in der Staatsoper Berlin umgesetzt und immer ergreifend von der Ouvertüre bis zum tragischen Ende.

Peter Dahms [www.OpernInfo-Berlin.de –  www.Dahms-Projekt.de/Wordpress]

Alle Fotos © Marcus LIeberenz