Mediale Gegenwelten

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Technologien der Emanzipation im 19. Jahrhundert

Erschienen 2024 im transcript-verlag in der Reihe Edition Medienwissenschaft,

Print, 322 Seiten kart.,ISBN: 978-3-8376-6863-6,

E-Book (PDF), 322 Seiten ISBN: 978-3-8394-6863-0 Dateigröße: 7.95 MB,

Martin Doll
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland

aus der Verlagsankündigung:

Die Entwicklung neuer Technologien geht häufig mit einem Versprechen von politischer Emanzipation einher. Martin Doll begibt sich dazu auf Spurensuche ins 19. Jahrhundert und widmet sich anhand des Mediendenkens von Charles Fourier, Karl Marx und Edward Bellamy folgender Frage: Wie wurden Architektur und (Verkehrs-)Infrastrukturen von der Telegrafie bis hin zu ersten Formen der automatisierten Datenerhebung zusammen mit sozialen Neuerungen als Triebfedern politischer Veränderung konzipiert? Dabei wird deutlich: Nicht jede Gegenwart muss notwendig auf ewig weiter in die Zukunft geführt werden.“

Rezension:

Der Autor formuliert in der Einführung zu diesem Werk seine Begründung für die Wahl des Themas, für die gewählten Quellen und die zugrunde liegenden politischen und gesellschaftlichen Wirkungen und Folgen in der zeitgenössischen Diskussion und der Folgen für die gesellschaftlichen Ereignisse sowie ihren Einfluss auf die weitere Entwicklung in diesem Zeitabschnitt und für die zukünftigen Entwicklungen gesellschaftlich und funktionell technisch.

Wie kommt man dazu, über Technologien der Emanzipation im 19. Jahrhundert nachzudenken. Und dabei insbesondere deren mediale Dimension in den Vordergrund zu rücken, indem mit dem in den Medienwissenschaften derzeit prominenten Konzept des Milieus argumentiert wird, verstanden als Schema zirkulärer Wechselwirkungen zwischen menschlichen Agenden und materiell-technischen Aspekten und vice versa? Am Ende einer langen Spurensuche ist durch diese Theorieperspektive jedenfalls ein Buch entstanden, das entlang des Mediendenkens von Charles Fourier, Karl Marx und Edward Bellamy punktuell ausleuchtet, wie Architektur, Verkehrsinfrastrukturen inklusive der Telegrafie bis hin zu ersten Formen der automatisierten Datenerhebung zusammen mit sozialen Neuerungen als Triebfedern politischer Veränderung konzipiert wurden. …“(7)

Meines Erachtens ereignet sich kein Jahrhundert besser als das 19. Jahrhundert, um über die Politisierung von Medientechnologien und -praktiken bzw. die Technisierung von Politik zu sprechen. Es ist eine historische Zeitspanne, während der eine Unzahl an (Medien-) Technologien noch neu war, d.h. mögliche technische Weiterentwicklungen noch Spekulation bzw. mögliche damit verbundene Praktiken noch komplett zukunftsoffen.“(14)

Wo und in welchem gesellschaftlichen Umfeld etablieren sich die entwickelten Technologien? Der Autor verortet hierfür das Umfeld in der „theoretischen“ und „historischen Figur“ des „Milieus“ als „(Medien)Technologie und Politik“.

Der Autor zitiert dazu die entsprechenden Quellen und weitere Untersuchungen über das soziale Verhältnis des gesellschaftlichen Individuums aus den Quellen und zitiert die wichtigsten Aussagen aus der Literatur zu den Ursprüngen des Themas, er weist u.a. besonders auf die Ideen und Untersuchungen von Foucault hin und dessen Etablierung im Nachdenken über diese Verhältnisse in der Gesellschaft und der Literatur zum Thema.

Er stellt fest, „…Foucaults Überlegungen, dass die Implikationen von bestimmten Milieus im Rahmen eines gouvernementalen Regierungsdenkens so konzipiert wurden, dass sie in ihrer Künstlichkeit, also in ihrem Hervorgebrachtsein quasi-natürlich auf die Bevölkerung zurückwirken, lassen sich nicht nur auf ein Handeln bestehender Regierungen beziehen, sondern auch auf alternative Gesellschaftsentwürfe, auf Gegenprogramme zu zeitgenössisch existierenden Regierungsformen.“ (45)

Im Weiteren zitiert er weitere Aussagen Foucaults und Anderen zu diesen Themen und die Rückwirkungen dieser Gedanken und Feststellungen auf die Architektur von Einrichtungen in denen Menschen leben und arbeiten als normale Umgebung der menschlichen Aktivitäten, somit auf das umfassende soziale Umfeld.

Eine Vertiefung und Präzisierung der Überlegungen und ihre Wirkung auf die soziale Umgebung des Menschen wird in den folgenden Kapitel thematisiert.Ein weiteres Kapitel untersucht das „Mediendenken“ von Marx und Engels in der Mitte des 19.Jahrhunderts. In den weiteren Kapiteln untersucht der Autor den Einfluss der sich weiter entwickelnden Technik und die sie begleitenden soziale Umwälzungen auf das Denken und auf die Wirkung und Einwirkung auf die soziale Umgebung und den Einfluss der fortschreitenden Kommunikationstechniken auf die Entwicklung medialer Gegenwelten.

Der Autor legt hier eine Arbeit vor, die ein spannendes Buch ist über die Verquickung und den gegenseitiger Einfluss auf die Entwicklung und die Verbreitung von gesellschaftlichen Entwicklungsaktivitäten, ihre Verbreitung und ihr Erfolg und ihr Scheitern.

Dr. Peter Dahms [www.Dahms-Projekt.de/wordpress]