Polarisierung und Empathie
Besuch der Premiere: am 23. Oktober 2024, 19:00 Uhr,
außerdem 24. – 26. Okt. 19:00 Uhr und 27. Okt. 17:00 Uhr
Uferstudios Berlin, Studio 14, Uferstr. 8/23, 13357 Berlin
„Im Februar 2022 glaubten wir, die Pandemie hinter uns zu lassen. Dann kam der Ukrainekrieg, Krisenfelder haben sich vervielfacht. Die „Zeitenwende“ wurde ausgerufen. Gewissheiten und Sicherheiten haben sich in kürzester Zeit relativiert. Kann ich so weiterleben wie bisher, auf was muss ich, will ich verzichten? Wie könnte ein anderes Lebensmodell aussehen? Kann sich ein anderer Raum des Fühlens, Denkens und Handelns öffnen. Diese Fragen, Ungewissheiten und Ängste beschäftigen viele Menschen. Wir nehmen wahr, dass in dieser komplexen und ungewissen Gemengelage die Begriffe Polarisierung und Empathie zwei ganz unterschiedliche Umgangsweisen und Strategien repräsentieren, wie Menschen die aktuelle gesellschaftliche Wirklichkeit verarbeiten. Uns interessiert die Bedeutung, die beide Begriffe spielen, bezogen auf uns als Individuen, als Körper, die eingebunden sind in komplexe gesellschaftliche Entwicklungen und nach Sinn, Orientierung und konkretem Handeln suchen. Bei beiden Begriffen spielen die Beziehungen zwischen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen eine wichtige Rolle. Wahrnehmung, Bewegung und aktives Handeln sind Essenziell für die Entstehung von Empathie, gesellschaftliche Polarisierung wird über Körper ausgetragen, die selbst in ihren Körpersystemen aus polaren Strukturen bestehen. Ziel ist, über den Körper und über Musik sowohl Polarisierung als auch Empathie als vielschichtiges Spannungsfeld zu thematisieren, das Nützliches und Gefährliches in sich trägt, Utopisches und Rückwärtsgewandtes, damit ein Publikum eigene differenzierte Schlüsse daraus zieht….)“ (Rubato)
Besuchsbericht:
Polarisierung und Empathie sind menschliche Gemütszustände (… meint man weitläufig), die sich durch Aggression und Harmoniewunsch ausdrücken. Die Tanzgruppe Rubato und ihr „Spielbudenchef“ sprich Soundproducer drücken beides über die Dauer der Performance in eindrucksvoller, temperamentvoller Weise aus. So schwanken laufend die Emotionen in beide Extreme. Die Gruppen finden sich in Harmonie zusammen und gehen sofort wieder in abweisenden Impuls auseinander um sich an anderem Ort wieder in Zuneigung zu verbinden. So wechseln über die Dauer der Performance die Gruppen ständig in ihren Zuständen von Abneigung der Zuneigung. Durch den ständigen Wechsel der Gruppenzusammensetzung kann kein einheitliches Bild von Harmonie der Gruppen entstehen. Das meint wohl der Choreograph mit seiner Interpretation menschlichen Verhaltens in dieser Choreografie. Die menschliche Gesellschaft ist zutiefst gespalten und schwankt ständig zwischen Zuneigung und Abneigung, es ist wohl niemand da, der zu einer Ordnung und harmonischer Zusammenarbeit anleiten und motivieren kann oder aber Harmonie ist nicht gewünscht oder angestrebt.
Herzlicher Beifall für die Tanzgruppe Rubato und ihren Soundmacher zum Ende der Performance.
Peter Dahms (www.Tanzinfo-Berlin.de)
Beitragsbild (c) Dirk Bleicker