Premiere „van Dijk | Eyal“ vom Staatsballett Berlin

Besuchsberichte TANZ Termine

Besuch am 15. Februar 2019 in der Komischen Oper Berlin


DISTANT MATTER
Tanzstück von Anouk van Dijk
Musik von Jethro Woodward
Choreographie: Anouk van Dijk
Bühne und Licht: Paul Jackson | Anouk van Dijk | Claus de Hartog
Kostüme: Jessica Helbach
Choreographische Assistenz: Tara Jade Samaya | Niharika Senapati


HALF LIFE
Tanzstück von Sharon Eyal und Gai Behar
Musik von Ori Lichtik
Choreographie: Sharon Eyal
Co-Choreographie: Gai Behar
Musik: Ori Lichtik
Kostüme und Maske: Rebecca Hytting
Licht: Alon Cohen
Choreographische Assistenz: Rebecca Hytting


Besuchsabericht:

Vergleich und Aussicht

Wenn diese beiden Choreografien das Programm der folgenden Saison und darüber hinaus, unter der neuen Intendanz, komplettiert im nächsten Jahr mit Sasha Waltz, charakterisieren sollen um das Publikum einzustimmen, dann war das schon sehr eindrucksvoll. Es zeigte überzeugend den angestrebten Wechsel oder Wandel bzw. die Weiterentwicklung von der reinen Klassik des Balletts zu einer Erweiterung des Repertoires in den zeitgenössischen Tanz für die kommenden Jahre. Wobei wohl weiterhin auch das klassische Genre mit zeitgenössischen Inszenierungen gepflegt werden soll. Ein Beispiel war die letzte Premiere der ‚Bayadere‘ im Urzustand der Inszenierung und Choreografie.

DISTANT MATTER

So wie das klassische Ballett den Betrachtern eine Illustration von Träumen bieten soll, so will der zeitgenössische Tanz einen Weg zeigen, den der moderne Mensch verfolgen kann, um mit den Anforderungen der modernen Welt umzugehen. Anouk van Dijk hat dafür die „Countertechnique“ entwickelt, die aus jeder Bewegung eine Gegenbewegung erzeugt, wobei sie sich auf die Grundlagen der Quantenmechanik beruft,. Diese postuliert, das ein beobachtetes Ereignis durch die Beobachtung schon verändert wird und in einen anderen Zustand übergeht.

Foto © Jubal Battisti

Die Tänzer bewegen sich anfangs einzeln und transversal über die Bühne, wo als einziges Ausstattungsmittel ein weißes Tuch vom vorderen Bühnenrand bis in den Hintergrund reicht und dann nach oben erstreckt. Aus den anfänglichen Einzelbewegungen bilden sich einzelne Gegenpole und kleinere Gruppen, die aufeinander reagieren und ihre Bewegungen koordinieren oder sich eben abstoßen und die Bewegungsrichtung ändern. Begleitet wird die Choreografie von anfangs mehr gefühlten als gehörten ‚Wummern‘ das sich im Laufe der Aufführung verstärkt und zunehmend aggressiver, fordernder wird. Es folgt wie bei dieser Art von Tanzaufführungen üblich ein frenetisches Geschrei und anhaltender Applaus für die Darbietung und die Künstler.

HALF LIFE

Das Stück beginnt mit einem unendlich scheinenden Stakkato von dröhnenden, monotonen Tonfolgen, die sofort eine fordernde, aggressive Stimmung erzeugen. Eine lange Reihe von Tänzer*innen bewegt sich im Bühnenvordergrund, in stampfender Bewegung, in einheitlichen, körperfarbenen und eng anliegenden Trikots gekleidet. Die Musik ist gemeinsam mit der Choreografie zu diesem Stück entwickelt worden und wird noch mit der Erfahrung bei den Aufführungen weiterentwickelt.

Foto © Jubal Battisti

Spontan erinnert mich diese Art der Performance und diese Art der Musik in vielen Teilen an den „Sacre“, also doch Klassisch im Ansatz? Die Choreografie behält im ganzen Ablauf ihren aggressiven Charakter und erzeugt eine Stimmung von monotoner Bedrohung. Dem Publikum hat es wohl gefallen, ein langanhaltender heftiger, frenetischer Beifall mit emotionalen Gefühlsausbrüchen folgt zum Ende der Aufführung.

Peter Dahms [TanzInfo-Berlin.de]

Alle Fotos  (c) Jubal Battisti


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